Video 11:22 min./loop
2004
Einführung: Dr. Sabine Schlenker, Worpsweder Museumsverbund
David Nash ist Bildhauer. Er hat einen beeindruckenden Videofilm als Langzeitprojekt realisiert, der eine einmalige Geschichte erzählt, die Geschichte seiner Skulptur Wooden Boulder:
„Die Eiche, aus der mein Wooden Boulder gehauen wurde, stammt aus dem Jahre 1750. Der Baum wuchs mehr als 200 Jahre an einem waldbedeckten Hang über dem Ffestiniog Valley im nördlichen Wales und wurde 1978 gefällt.
Der Wooden Boulder hat eine einfache Form, gerade eben genug bearbeitet, um anzudeuten, dass man ihn absichtlich so geschaffen hat. 25 Jahre lang sah man an ihm die Einwirkungen des Wetters, der Schwerkraft und der Jahreszeiten, ein Schauspiel der Naturkräfte. Eine Kugelform bedeutet Bewegung, am Anfang habe ich auch dazu beigetragen, dass sie sich bewegt, aber nach ein paar Jahren griff ich nur dann ein, wenn es unbedingt nötig war- z.B., als sie unter einer Brücke festgeklemmt war.
Die Größe des Wooden Boulder ist konstant geblieben. Er ist langsam einem Stein immer ähnlicher geworden, die scharfen Kanten rundeten sich durch Erosion ab, die Oberfläche bekam Patina, eine alternde Oberfläche. Das Protokoll im Video zeichnet eine 25-jährige Reise ab (1978-2003). Während der ersten 24 Jahre hat er sich 9 mal stromabwärts bewegt, während er zwischendurch über Monate und sogar über Jahre ohne Bewegung liegen blieb. Sesshaft und schwer saß er fest, auf Steine gebettet, durch Wechsel der Tiden und Jahreszeiten begleitet. Jenseits der Brücke blieb seine Lage trotz vieler Unwetter unverändert - die Wucht des Wassers, als es sich über die flachen Flußufer verbreitete, war nicht imstande, den Wooden Boulder wegzutreiben. Ich habe nicht erwartet, dass er sich noch während meiner Lebenszeit in den Dwzrzd River hinein fortbewegt. Aber im November 2002 war er dann weg. Das "Weg-Sein" war auffällig spürbar. Unwetter hat den Boulder 5 km weit fortgetrieben, worauf er auf einem Sandufer der Dwzrzd-Flußmündung liegen blieb. Jetzt von den Gezeiten abhängig, wurde er richtig mobil. Hochwasser um Vollmond und Neumond herum hat ihn alle 12 Stunden auf eine neue Stelle getrieben, jede Stelle eine einzigartige Folge der Gezeiten, des Windes, des Regens und des Wasserstands. Im Januar 2003 ist er aus der Mündung verschwunden, wurde aber in einer Marsch wieder gefunden. Die Flut hatte ihn einen Flußarm hinauf an einen Platz gebracht, wo er 5 Wochen blieb. Die Equinox-Flut (Tag- und Nachtgleiche) am 19. März 2003 war hoch genug, dass er wieder in die Mündung zurück trieb, von wo er sich hin und zurück bewegen ließ, 3 oder 5 km, mit Ebbe und Flut, je nachdem... Der Wooden Boulder wurde zum letzten Mal im Juni 2003 auf einem Sandufer in der Nähe von Ynys Giftan gesehen. In allen Flüßchen und Marschen hat man nach ihm gesucht. Ist er auf dem Weg zur See? Er ist nicht verschwunden, er ist, wo immer er sein mag.“
David Nash
courtesy Galerie Scheffel
screen spirit_continued wird kuratiert von Marikke Heinz-Hoek